Schütteln, Zittern, Tanzen – natürliche Stressregulation nach dem Vorbild der Tiere

Warum Tiere nach Gefahr zittern – und wie auch wir Menschen durch Tanz und Bewegung Stress aus dem Körper entlassen können

Wir haben tägliche Herausforderungen, die in uns Stress auslösen können und manchmal begeben wir uns sogar freiwillig in Stresssituationen hinein, weil wir einen gewissen Kick oder Adrenalinschub möchten. Damit es uns gut geht, wir in unserer Kraft bleiben und sie entfalten können, ist es wichtig, dass wir uns und unsere Energie immer wieder stärken und reinigen und unseren Stresslevel immer wieder senken. Das kann im Grossen wie auch im Kleinen bedeuten, das loszulassen, was uns nicht guttut und wir auch nicht zu uns nehmen müssen, weil es nicht unseres ist. Das Tanzen ist neben anderen guten Methoden auch ein wirksamer Weg zur Stressregulation. Ich möchte ein bisschen ausholen und anhand von einem Tierbeispiel erklären, wie unser Nervensystem funktioniert und sich reguliert.

Stressregulation am Beispiel eines Tieres

Nehmen wir an, ein Tier weidet friedlich auf dem Feld. Es befindet sich in der Homöostase, einem wachen Ruhezustand. Da taucht in der Ferne ein Feind auf. Jetzt gibt es eine gewisse Erregung im Nervensystem. Der Orientierungs-Reflex wird aktiviert. Das Tier hält inne, scannt ab und fokussiert sich. Verschwindet der Feind wieder, kehrt das Tier relativ schnell zur Homöostase zurück. Das Nervensystem war kurz aktiviert. Kommt der Feind aber näher und näher, tritt der Kampf-Flucht Reflex ein. Dies kann das Überleben sichern. Nun ist das Nervensystem höher aktiviert als bei der reinen Alarmierung. Ist die Bedrohung zu gross und überwältigend, kann auch der Erstarrungs- oder Freeze-Reflex eintreten, in dem das Tier sich totstellt, gelähmt ist oder dissoziiert. Das kann vor zu grossem Schmerz schützen oder manchmal auch das Leben retten.

Nun interessiert uns aber, was das Tier macht im Falle, dass die Bedrohung vorüber geht und/oder der Kampf/die Flucht erfolgreich war.

Das Tier beginnt sich zu bewegen, es zittert und schüttelt sich. Damit baut es die produzierten Stresshormone ab und kann danach langsam wieder in den Homöostase Zustand zurückkehren. Das Nervensystem bei uns Menschen funktioniert da genau gleich. Auch wenn wir kaum ein wildes Tier als Feind fürchten müssen, können uns verschiedenste Sachen in ähnliche Stresslevels versetzen.

Was läuft bei uns Menschen häufig anders als bei Tieren?

Unser Nervensystem wird aktiviert und die Phase des Bewegens und Schüttelns danach bleibt meistens aus. Unser Nervensystem kann durch verschiedenste Sachen aktiviert werden, positive wie auch negative. Nehmen wir mal das eigentlich recht banale Beispiel, dass wir einen aufregenden Film schauen. Dieser löst Gefühle wie Angst, Ohnmacht oder auch Ekel aus. Unser Nervensystem produziert Stresshormone und setzt uns in Alarmbereitschaft. Im Unterschied zum Tier, rennen wir in dieser Situation nicht fort oder beginnen zu kämpfen – ich persönlich mache die Augen und Ohren zu oder schaue erst gar keinen solchen Film. Aber in aller Regel verlassen wir nicht das Kino oder Sofa, sondern bleiben vor dem Bildschirm sitzen. Die Stresshormone bauen sich dadurch nur wenig und langsam ab und unser Energiesystem kann sich nicht angemessen regulieren.

Auch Alltagsherausforderungen, Nachrichten und selbstverständlich grössere Ereignisse lassen unser Nervensystem hochschnellen und oft können wir zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht ausreichend so reagieren, dass sich unser Nervensystem wieder entladen und gut beruhigen kann. Es gibt viele Gründe dafür, vielleicht wäre die Reaktion zu heftig, zu unpassend im Moment, zu auffällig oder man muss einfach weiter funktionieren, weil die Situation es von einem verlangt. Daran ist auch nichts Schlechtes. Es gibt einfach solche Momente, wo man nicht gerade reagieren und sich regulieren kann. Wichtig ist aber, dass man sich dann sagt, dass man sich später Zeit dafür nimmt. Zeit zum Fühlen der Gefühle und vor allem zum Abbau der in uns bleibenden Stresshormone. Denn die tun uns auf die Dauer nicht gut. Bewegung ist dafür bestens geeignet und wenn man dann seinem Körper zusätzlich bewusst das Signal gibt, dass er jetzt loslassen und freisetzen kann und darf, wirkt es doppelt.

Wie tanzen Stress regulieren kann

Im Azul Tanzen gibt es immer einen Release Teil, bei dem die Musik ganz bewusst Gelegenheit dafür schafft, sich zu schütteln und durch den vom Körper erlaubten Ausdruck freizusetzen, was sich lösen darf. Dadurch sorgt unser Körper dafür, dass wir wieder in die Homöostase zurückfinden. Der Körper holt sozusagen den Ausdruck und die Bewegung nach, die beim Ereignis oder auch bei einer länger andauernden unbefriedigenden Situation nicht stattfinden konnte. Beim Tanzen muss man oft nicht wissen, worum es geht und was sich löst. Unsere Körperintelligenz regelt das für uns! Wir alle haben kleine solche Ereignisse in unserem Alltag, eine Aussage, ein für uns falsches Wort, der Autofahrer vor uns, ein Bedürfnis, das im Moment hintenangestellt werden muss usw. Durch regelmässiges Tanzen tun wir uns automatisch etwas Gutes und reinigen unser Energie- und Nervensystem, so dass unsere Energie und Kraft freier fliessen kann. Dabei muss das Tanzen nicht direkt nach dem Stressereignis stattfinden, im optimalen Fall natürlich umso besser, aber es wirkt auch Tage nachher und signalisiert unserem System, dass es jetzt Stress freisetzen kann. Nicht umsonst nenne ich den release Teil gerne «die energetische Waschmaschine»! Es bleibt zu ergänzen, dass wir neben dem positiven Effekt für unser Nervensystem mit dem Tanzen auch unsere Lebendigkeit erwecken, uns mit guter Energie aufladen und das Gefühl von Verbundenheit und Ganzheit fördern.

Ich möchte noch auf folgendes hinweisen: Treten immer wieder die gleichen Stressfaktoren und Trigger im eigenen Leben auf, lohnt es sich diese auf tieferer Ebene anzugehen und mit der Unterstützung einer kompetenten Fachperson zu bearbeiten.

Die offenen Azul Tanz Anlässe sind kein Therapieersatz und es kann auch im Rahmen dieser Anlässe keine therapeutische Begleitung gewährleistet werden kann. Die Selbstverantwortung und Selbstregulierung ist Sache der Teilnehmenden.

Für therapeutische Arbeit ist das Einzelsetting geeignet oder ein entsprechend auf Prozessarbeit fokussierter und so ausgeschriebener Workshop. Wenn du jedoch gut mit dir unterwegs bist, hat ganz Vieles Platz bei den offenen Anlässen und kann und darf sich zeigen.

Ich freue mich auf schöne, nährende und verbindende gemeinsame Tanzmomente, in denen wir unsere Menschlichkeit und Lebendigkeit in der Natur oder drinnen gemeinsam leben, feiern und zusätzlich den positiven Effekt auf unser Nervensystem geniessen dürfen!

In deiner Schwingung zu deiner wahren Kraft – lebendig, frei, verbunden!